Oh Lord, bin ich anglophil.
Wenn meine Schottenröcke nicht nach irischem Lavendel riechen, denke ich mir„well“ und schicke sie in die Putzerei zurück. Britischer Humor ist mit immer noch näher als deutscher Witz, wobei ich immer gegen die Diffamierung der deutschen Scherzkultur agitiere. Die Deutschen haben keinen schlechten, sie haben keinen Humor, Und wenn etwas nicht da ist, kann man es auch nicht kritisieren. Die Engländer haben eine Lebensphilosophie kultiviert, die mir in weiten Bereichen nahekommt. Nach meinem Dafürhalten ruht das britische Imperium auf drei heiligen Säulen. Zum einen auf der erstklassigen Herstellung bitterer Marillenmarmelade, zum anderen auf der Kultivierung des Anstellens und schließlich auf der britischen Automobilindustrie. Seit vielen Jahren schon bin ich verschiedensten Fahrzeugen englischer Herkunft treu. Sicher, ich habe mehr Zeit mit den verschiedensten OAMTC-Fahrern verbracht als mit meiner Frau, und trotzdem, nicht deswegen setze ich weiterhin auf diese Fahrzeuge. Ich persönlich chauffiere einen angerosteten Mini Cooper, der mir besonders ans Herz gewachsen ist. Treue Mini-Fahrer sind ja eigene Gesellen, ähnlich wie bei der Mafia werden Aussteiger bis ans Ende ihres Lebens von mir verfolgt. Erst kürzlich hat mir meine Chefin, die Intendantin Zechner, am Telephon gestanden, in einer unvernünftigen Laune ihren Mini Cooper veräußert zu haben. „Falottin, Banausin“, wollte ich mit verzerrtem Gesicht wütend in den spuckenassen Hörer brüllen, dann aber erinnerte ich mich an den Pilotfilm zum Thema „Adel“, den ich erst jüngst zur Begutachtung beim Fernsehen deponiert hatte, und daran, daß ein momentaner Wutausbruch die Chancen für eine Realisation nicht zwingend erhöhen würde.
Ich blieb also still wie mein Mini im Winter wenn man zu einem wichtigen Termin muss, und sinnierte über meine Rückenprobleme. Womit wir bei Herrn Krausch wären, meine letzte Instanz in Autofragen. Herr Krausch ist im Grunde seines Herzens ein romantischer Abenteurer, deswegen hat er eine auf Mini spezialisierte Werkstatt aufgemacht. Da Herr Krausch ein Abenteurer ist setzt er diese Tugend auch bei seiner Kundschaft voraus. Er muss jahrelang gesucht haben, um diese Adresse für seine Werkstatt zu finden. Jede Fahrt dorthin gleicht einer Expedition, nur wenige uralte Taxifahrer haben schon einmal von der Pazmanitengasse gehört. Wo sie genau liegt, ist Umstand langwieriger Vermutungen, die Pulsschlag und Taxameter erhöhen. Unzählige Male habe ich mich auf dem Weg in die Pazmanitengasse verfahren. Die direkte Zufahrt ist mit bis heute verborgen geblieben, und so biege ich regelmäßig von der Heinestraße ab, reversiere und fahre im Rückwärtsgang durch die halbe Pazmanitengasse bis ich vor der Werkstatt „Minisprint“ zustehen komme. Umgeben von Mr. Bean-Plakaten und unzähligem Schnickschnack für das kleine englische Auto, empfängt Herr Krausch seine verzweifelte Kundschaft. Einmal habe ich ihm von meinen Bandscheibenproblemen erzählt. Er meinte: „Na ja, wenn Sie Mini fahren“, und damit war das Thema irgendwie vom Tisch. lm Hof der Werkstatt dieses Leyland-Lords steht ein wunderschöner grüner Mini, der dem Meister selbst gehört. Unzählige Stunden muss er an diesem Fahrzeug gearbeitet haben, kein Kino, kein Theater, kein Bridge, kein Fernsehen, kein Picknick, jede freie Minute steckt in diesem Auto.
Getunt, frisiert, beledert präsentiert sich der Mini in immakulativem Zustand, einmal nur habe ich ganz leise gefragt: „No, Herr Krausch, wie schnell geht er denn?" und er hat geantwortet: „ 190, aber ich habe es noch nie ausprobiert." Die wahren Abenteuer sind also wirklich im Kopf, ich bin mir aber nicht sicher, ob die Firma Denzel das auch so sieht. Dankenswerterweise stellte man mir nämlich einen Maserati 5000 GT zur Verfügung, den ich von Wien aus zum Ferrari-Treffen im Schloßhotel Seefels am Wörthersee bringen sollte. Was die rührigen Herren von Denzel nicht wußten, hier hatten sie einen der haushälterischsten Autofahrer überhaupt erkoren. Noch nie in der langjährigen Geschichte der italienischen Rennautoschmiede ist jemand so langsam mit einem Maserati von Wien zum Wörthersee gefahren. Geiz gegen Gasgeben, Vorsicht gegen Vorfahrt, Charakter- gegen Pferdestärke, nichts wäre mir unangenehmer gewesen, als einen Kratzer in diesem wunderschönen 1,2 Millionen Schilling teuren Fahrzeug zu verantworten. Ich stamme noch aus einer Generation, die der festen Uberzeugung ist, ein vollgetanktes Fahrzeug geht einfach besser, für mich ist die Ausstattung eines Fahrzeuges unvergleichlich wichtiger als die potentielle Höchstgeschwindigkeit. Womit wir endlich beim Thema „Mythos Ferrari“ wären. Um es kurz und schmerzlos zu machen: Als britentreuer Autofahrer darf ich diesem hochnoblen Auto gar nichts abgewinnen, ich gehe sogar so weit und schreibe: Well, einen Ferrari möchte ich nicht einmal geschenkt.
PS: Also das mit dem letzten Satz muß man nicht so eng sehen. Wenn mir jemand justament einen Ferrari aufdrängen will, tät ich's mir überlegen.
Vielleicht.